Der Boxer im Fahrstuhlschacht

Ein Schlagzeug

Das Schlagzeug von Simon und Garfunkel

Die Sache mit dem Schlagzeug habe ich vor Jahren in einem Radiointerview gehört. Ich fand das faszinierend, habe es mir gemerkt und Jahre darauf gewartet, dieses furchtbar interessante, aber irgendwie nicht recht alltagstaugliche Faktum anbringen zu können. Bei „Vitamin V wie Wohnung“ hatte ich endlich die Gelegenheit!

Dann wurden Gitarrensaiten melodisch angeschlagen und nach einigen Momenten setzte zweistimmiger Gesang ein. Ich erkannte Simon und Garfunkel sofort.

„‚The Boxer‘, ich liebe dieses Lied!“, flüsterte ich.

Als das Lei-le-lei kam, lehnte sich Thies zu mir herüber und sagte leise: „Wusstest du, dass Simon und Garfunkel das Schlagzeug, das man in der Originalaufnahme an dieser Stelle hört, ganz unten in einem Fahrstuhl­schacht platziert haben? Nur so konnten sie damals genau den halligen Sound kriegen, der ihnen vorschwebte. Heute macht man sowas ja alles elektronisch.“

„Wahnsinn.“

Toningenieur Roy Halee, der die Aufnahmen damals leitete, hatte sehr genaue Vorstellungen, wie das Schlagzeug an dieser Stelle klingen sollte: Richtig fetten Hall wollte er. Schließlich kam ihm die Idee mit dem Fahrstuhlschacht und so wurde das Schlagzeug an einem ruhigen Sonntagnachmittag im New Yorker Studiogebäude der Plattenfirma Columbia aufgebaut. Schlagzeuger Hal Blaine hörte den Gesang über Kopfhörer und drosch dann an der richtigen Stelle auf die Snare Drum, so hart er konnte. Es dröhnte wie ein Kanonenschuss und gab im leeren Fahrstuhlschacht, wo die Mikrofone hingen, einen gewaltigen Hall.

Drinnen oder draußen?

Natürlich habe ich die Geschichte überprüft, bevor ich sie im Buch verwendet habe. Dass das Schlagzeug tatsächlich im Schacht war, berichtet Paul Simon hier höchstpersönlich (S. 3 oben), ebenso Roy Halee: „Well that was done in the elevator shaft at Columbia!“

Ich habe mich immer gefragt, wie sie das Schlagzeug nach unten in den Schacht bekommen haben: Man kann es ja nicht einfach runterplumpsen lassen, und alles fachgerecht abzuseilen, wäre ziemlich aufwändig. Und hinterher möchte man es ja auch wieder rausholen. Ganz abgesehen davon, dass unten im Fahrstuhlschacht kein glatter Boden ist, sondern Rollen, Befestigungen und was auch immer.

Jetzt allerdings finde ich auch eine Quelle, nach der das Schlagzeug davor gestanden hätte:

„In an effort to fulfill his love of big natural reverb, producer Halee rang up session drummer Hal Blaine, who eventually found himself standing alongside a large empty elevator shaft inside Columbia’s East 52nd Street studio building on an otherwise quiet Sunday afternoon.“

Tja, sucht euch was aus! Das Lied ist in jedem Fall wunderbar.

 

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